Björns Woche im #twlz: Wie sinnvoll sind Erklärvideos auf YouTube & Co?

Liebes digitales Kollegium,

wenn es um das digitale Lernen bei Schüler*Innen geht, sind Erklärvideos auf YouTube ganz vorne mit dabei. Wem um 20:00 am Vorabend einfällt, dass ja morgen eine Klausur ansteht, sucht auf YouTube schnell nach Videos von Plattformen wie Simpleclub, musstewissen oder Kurz gesagt. Immerhin versprechen diese Plattformen, dass man nach dem Video “alles weiß, was man wissen muss” oder dass man nach dem Schauen dieses Video morgen auf jeden Fall eine gute Note schreiben werde. Daher verwundert es nicht, dass jene Videos auch bei meiner SchülerInnen sehr beliebt sind und natürlich auch geschaut werden. Doch so gut zusätzliche Bildung auch ist, bleibt natürlich die Frage bestehen, welchen praktischen Mehrwert haben solche Erklärvideos für den Unterricht wirklich? Und wie sieht es um die vorher genannten versprechen aus: Ist das Schauen solcher Videos der “einfache” Weg zu 15 Punkten in Geschichte und co? Auch im #twlz wird immer mal wieder gerne über das Thema diskutiert, weshalb ich es spannend fand, diesen Fragen mal mit einer Schulklasse nachzugehen. Gemeinsam mit meiner elften Klasse in Geschichte haben wir uns diese Frage einmal gestellt und kritisch geschaut, inwiefern diese Videos zum Erringen einer guten Note für den Unterricht beitragen können.

Die Ausgangslage

Konkret bin ich in die Stunde mit der Frage gegangen, ob das Schauen solcher Erklärvideos hilft, eine gute Note in einer Oberstufenklausur in Geschichte zu bekommen. Als Materialien dienten hierfür ein Erklärvideo von Mr.Wissen2go zum Thema Entdeckung Amerikas und eine kleine Übersicht über eine Beispielklausur. Zu letzterem Punkt sei gesagt, dass wir in Geschichte in Niedersachsen für die Oberstufe relativ feste Vorgaben für das Stellen von Klausuren haben. Die Klausur orientiert sich dabei an je einer Aufgabe aus allen drei Anforderungsniveaus, hier einmal knapp zusammengefasst: Zusammenfassen (AFB I) / Erklären (AFB II) / Stellung beziehen (AFB III). In Bezug auf den AFB I ist damit auch immer eine Quellenkritik verbunden. Auf Basis dieser Grundlage erstellte ich eine Probeklausur, die als Vergleichskriterium für den “Nutzen” des Schauens solcher Videos dienen sollte. Eine konkrete Quelle gab es hier aber nicht, da wir diese Frage “universell” beantworten wollen. Diese Probeklausur sah dann so aus:

Mit diesen Aufgaben im Hinterkopf schauten wir uns also das oben genannte Video an. Zentrale Aufgabe war es zu bewerten, inwiefern das Schauen dieses Video dabei hilft, diese drei Klausuraufgaben zu beantworten. Sollte es wirklich reichen, mit dem Schauen eines gut 10-minütgen Videos einen einfachen Weg zu 15 Punkten gefunden zu haben?

Die Besprechung

Wir schauten also das Video und bevor wir uns inhaltlich damit auseinandersetzten wurde erst einmal die Professionalität des Videos gelobt. Der Inhalt wurde klar und verständlich vorgetragen und es sei relativ leicht gewesen, ihn zu verstehen. Dann gingen wir zum inhaltlichen über. Bezüglich Aufgabe 1 stellten die SchülerInnen fest, dass das Video hierbei relativ wenig weiterhelfe. Da es im Video keine spezifische Quellenkritik oder Inhaltsangabe gebe, könne auch kein Mehrwert daraus gewonnen werden. Zwar würden an einigen Stellen Aspekte der Quellenkritik auftauchen, aber grundsätzlich würden Quellen und deren Inhalte eher eine kleine Rolle spielen. Hier wurde angemerkt, dass es in dieser Hinsicht auch nicht der Anspruch des Videos sei, was richtig ist, aber auch zeige, dass es eben für diese Art von Aufgabenstellung weniger geeignet sei. Als Fazit wurde deshalb formuliert, dass es durch das Schauen dieses Videos wenn überhaupt einen sehr geringen Nutzen für Aufgaben aus dem AFB 1 gebe. Weder stehe eine Quelle im Vordergrund, noch werde sich kritisch mit dieser auseinandergesetzt.

Ein wenig anders sah es dann im AFB 2 aus: Hier waren sich die SchülerInnen einig, dass die im Video gezeigten Informationen sehr gut erklärt wurden. Die im Unterricht erarbeiteten Informationen zum Handel im 15. Jahrhundert und zu den damals existierenden Handelswegen wurden ausführlich vorgestellt und in einen klaren Bezug zueinander gesetzt. Gelobt wurde auch die Veranschaulichung via Karten etc., durch welche man die Worte auch visuell nachvollziehen konnte. Am Ende kamen wir zu dem Schluss, dass gerade für diesen AFB 2 das Lernen mit solchen Erklärvideos sehr sinnvoll sein kann. Zwar wurde hier auch erwähnt, dass dieses Video spezifisch auf die Frage zugeschnitten war, aber da es mittlerweile zu fast jedem Thema (teilweise mehrere) Erklärvideos gibt, sollte es möglich sein, damit ergänzend zum jeweiligen Unterrichtsstoff zu lernen.

Beim AFB 3 gingen die Meinungen dann ein wenig auseinander: Ein Teil der Lerngruppe sagte, dass man durch das Schauen solcher Videos eine gute Basis gewinne, auf welcher man dann argumentieren könne. Die Fakten zum Bewerten der hier gestellten Frage würden dafür eine gute Grundlage bieten. Auf der anderen Seite wurde dann aber angemerkt, dass das Video selbst gut erklärt, aber wenig “eigene” Position bezieht. Hier oder auch in anderen Videos werden streitbare Punkte durchaus angesprochen, aber es wird nur gesagt, dass es diese Positionen gibt. Niemals bezieht der Sprecher selbst Partei oder bezieht insofern Stellung, dass er selbst auf Basis der erklärten Punkte für eine Position eintritt. Teilweise wird gesagt, dass die ZuschauerInnen ihre Meinung in die Kommentare schreiben und dort diskutieren sollen, was aber nicht wirklich funktioniert, wenn man sich die Kommentare anschaut:

Das Ergebnis

Am Ende kamen wir also zu einem gemischten Fazit: Während das angeschaute Erklärvideo vor allem in Bezug auf den AFB 2 sinnvoll war, bot es doch wenig Inhalt, um für die Anforderungsbereiche 1 und 3 “gerüstet” zu sein. Das Video bot eine tolle und ausführliche Erklärung, ohne dabei aber für die Geschichtswissenschaft zentrale Aspekte wie Quellenkritik oder Argumentation zu gebrauchen. Es wird versucht, ein Anspruch von Objektivität an Geschichte zu stellen, indem es auf das gute erklären von Hintergründen reduziert wird. Das wird den Ansprüchen und er Oberstufe aber nur in Teilen gerecht. Allerdings (und da war sich auch ein Großteil einig) ist dies in auch gar nicht so sehr der Anspruch eines “Erklär”videos. Wenn das Video dies gut macht, habe es seine Aufgabe doch erfüllt. Schwierig wird es nur, wenn jenes Video dann alleine durch das Schauen nur gute Noten verspreche. Deshalb lautete für die sehr produktive Diskussion das Fazit, dass solche Videos eine tolle Ergänzung zur Vorbereitung für eine Klausur (oder auch zum normalen Unterricht) wären, man sich aber eben nicht alleine darauf verlassen dürfe.

Gedanken aus dem #twlz

Ein interessantes Tool zum digitalen Brainstormen stellt das kitsTeam vor:

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Einen ausführlichen Einblick in das Thema “Erstellen von Erklärvideos” im Biounterricht liefert @Ankikow.

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Fazit

Erklärvideos werden für einige Zeit zur Lebenswelt der SchülerInnen dazugehören, weshalb es wichtig ist, sich auch im Unterricht damit auseinanderzusetzen. So kann man sowohl die Stärken, als auch die Schwächen dieser Videos transparent aufzeigen, damit die SchülerInnen diese nicht einfach nur schauen, sondern auch verstehen. Das hat jedenfalls die Diskussion mit meiner elften Klasse ergeben. An dieser Stelle würde ich mich natürlich sehr freuen, wenn ihre eure bisherigen Erfahrungen mit Erklärvideos teilt und einmal erzählt, wie ihr diese im Unterricht nutzt? Bzw. habt ihr schonmal gefragt, ob eure SchülerInnen diese nutzen, um dann “einfach eine 1 zu schreiben”? Ich bin gespannt auf die weitere Diskussion zu dem Thema und wünsche euch an dieser Stelle einen schönen Start in den Juni. 😊

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